29.10.2021
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STOLPERN OHNE FALLEN
Stadtspaziergang in der Gegenwart mit Vergangenheitsbezug: Überdimensionale Stolpersteine werden vom 2. bis 9. November 2021 an sechs Orten im Gießener Innenstadtbereich an die Schicksale jüdischer Bewohner:innen erinnern. Zu jeder Station ist ein Video entstanden, in dem Texte von Anne Frank in Beziehung zum Stadtbild gestellt werden. Das Projekt des Stadttheater Gießen entstand nach einer Idee von Schauspieler und Regisseur Roman Kurtz, dessen Inszenierung der Kammeroper DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK ab dem 4. November wieder in der taT-studiobühne zu sehen ist.
Eine Woche lang werden am Marktplatz, in der Neustadt, an der Ricarda-Huch-Schule, in der Moltke-, Bahnhof- und Stephanstraße große, aus Altpapier gefertigte Nachbildungen von Stolpersteinen die Blicke von Passantinnen und Passanten völlig neu auf bekannte Orte lenken, an denen sich auch regulär Stolpersteine im Pflaster befinden: Unter der Überschrift STOLPERN OHNE FALLEN – Die Worte Anne Franks erklingen in Gießen können dort per QR-Code insgesamt sechs Videoclips aufgerufen werden. Diese schlagen mit Texten aus Anne Franks Tagebuch und Bildern des heutigen Gießen eine Brücke in die Vergangenheit.
So auch am Marktplatz 11, wo sich die Stolpersteine von Ignatz und Anna Pfeffer befinden. Ihr Sohn Fritz Pfeffer, von Anne Frank in ihrem Tagebuch als „Dr. Dussel“ verewigt, war gebürtiger Gießener. Sein Stolperstein befindet sich in Berlin, wo er seine Zahnarztpraxis betrieb, bevor er Annes Mitbewohner im Hinterhaus wurde. Diese Verbindung von Gießen in die Amsterdamer Prinsengracht war ein Ansatzpunkt für die Idee von Roman Kurtz zu diesem besonderen Stadtspaziergang.
Die jeweils etwa dreiminütigen Videoclips bieten Assoziationsräume an, die die heutige Stadt Gießen, Texte von Anne Frank und die Schicksale von Gießener:innen während des Nationalsozialismus, wie sie sich in den Stolpersteinen manifestieren, miteinander vernetzen. Die Konkretheit und Tragweite der Beziehung der drei Komponenten unter- und zueinander bleibt dabei den Betrachter:innen der Videoclips bzw. den Spaziergänger:innen vor Ort selbst überlassen.
Die großen Stolpersteine wurden im Malsaal des Stadttheaters gefertigt, Mitglieder aus dem Schauspielensemble sprachen die Texte von Anne Frank ein.
Kommentare
Und gerade heute, wo wieder so viele die Grundregeln unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens einreißen wollen, gilt es immer wieder den menschlichen Aspekt neu hervorzukehren: was der einzelne Mensch damals ertragen musste und dass es gute Gründe für das uneingeschränkte "ja" zu Grundgesetz und Menschenrechtserklärung gab und gibt. Danke für diese Beiträge!